portrait corina im thery magazin

Ausbildung:
– Primarschule in St. Gallenkappel
– Gymnasium Typus B am Theresianum in Ingenbohl, Matura 1992
– Ein Jahr Studium der Biochemie (wegen Platzmangel für Medizinstudenten in Zürich; damals gab es noch keinen Numerus clausus.)
Medizinstudium an der Universität Zürich (1994-1999)
– Staatsexamen 1999
– Dissertation 2001
– Facharzttitel (FMH) für Kinder- und Jugendmedizin 2007
– Schwerpunkttitel Neonatologie 2008

Berufliche Stationen:
– Assistenzärztin Chirugie/Geburtshilfe am Regionalspital Prättigau, Chefarzt Dr. U. Bühler (Januar 2000 bis März 2001)
– Assistenzärztin Anästhesie im Kantonsspital Chur, Chefarzt Dr. T. Sieber (Mai 2001 bis Juni 2002)
– Praxisassistenz bei Dr. med. M. Good, FMH Kinder- und Jugendmedizin in Bülach (Juli 2002 bis Dezember 2002)
– Assistenzärztin Neonatologie am Universitätsspital Zürich, Chefarzt Prof. H.U. Bucher (Januar 2003 bis Dezember 2003)
– Assistenzärztin am Kinderspital Zürich auf den Abteilungen Kinderchirurgie, Säuglingsstation, Nephrologie/Dialyse, Intensivstation, Onkologie. Chefarzt Prof. F.H. Sennhauser (Januar 2004 bis März 2006)
– Oberärztin am Ostschweizer Kinderspital in St. Gallen auf der Intensivstation (Mai 2006 bis Dezember 2007)
– Oberärztin am Spital Zollikerberg auf der Abteilung für Neonatologie, Leitende Ärztin Frau M. Mönkhoff (seit Januar 2008).

Woran erinnern Sie sich besonders gerne, wenn Sie ans Theri zurückdenken?
An die ausgefallenen, anregend lustigen Ideen von Nadine und Fossi, an die Abendessen im Garten während der Sommerzeit und an den guten Zusammenhalt, der trotz Zweckgemeinschaft entstanden ist.

In letzter Zeit hört man immer wieder, dass es Frauenschulen besser gelingt, die Eigenständigkeit und das Selbstbewusstsein junger Frauen zu fördern. Wie denken Sie darüber?
Das kann ich mir sehr gut vorstellen, auch wenn mir der persönliche Vergleich fehlt. Das intensive Bemühen um Äusserlichkeiten und das Werben um das männliche Geschlecht konzentrierten sich zu unserer Zeit ausschliesslich auf die Mittwochnachmittage, das Wochenende und auf den von unserer Klasse zum ersten Mal initiierten Tanzkurs (mit männlichen Partnern aus dem Kollegium Schwyz).

Warum haben Sie sich für das Medizinstudium entschieden? Hatte die Ausbildung im Theri einen Einfluss auf die Berufswahl?
Meine Berufswünsche als Kind waren Ärztin oder Lehrerin. Damals hatte ich eher daran gedacht, einmal Tierärztin zu werden. Diesen Aspekt finde ich heute sehr interessant, da die Kommunikationsmöglichkeiten eines neugeborenen Kindes denjenigen von Tieren sehr ähnlich sind. Das Theresianum vermittelte mir ein sehr gutes Allgemeinwissen, was mir für die Zukunft den Weg geebnet hat. Während des Medizinstudiums habe ich die geisteswissenschaftlichen Fächer sehr vermisst, insbesondere auch die Sprachen.
Den Lehrer-Aspekt kann ich in der Ausbildung der Pflegefachkräfte in aller Kreativität ausleben.

Im Jahr 2004 hat die Hälfte der Prüflinge die Eintrittsprüfung zum Medizinstudium nicht bestanden, und 2006 war es bereits über die Hälfte. Was würden Sie einer Gymnasiastin raten, die sich für das Medizinstudium interessiert, sich aber vor dem Numerus clausus fürchtet?
Zu meiner Zeit existierte der Numerus clausus in dieser Form noch nicht. Bei Platzmangel an den beliebtesten Universitäten wurden wir ans andere Ende der Schweiz geschickt. Ich empfehle der angehenden Medizinstudentin, sich an eine Kollegin zu wenden, die im ersten oder zweiten Studienjahr ist und sich damit auskennt.

Was macht den Beruf der Kinderärztin attraktiv? Der Lohn kann es nicht sein, figuriert er doch auf der Lohnskala der Ärzte ziemlich am Ende.
Die Attraktivität meines Berufes zeichnet sich ganz klar durch den täglichen Kontakt mit Kindern (ich schätze deren Ehrlichkeit und direkte Art) und ihren Eltern aus. Dabei möchte ich nicht verhehlen, dass die Interaktion mit den Eltern sehr anspruchsvoll sein kann und eine spezielle Herausforderung an unsere Berufsgruppe darstellt. Die Anforderungen an Eltern von kranken Kindern können immens sein. Nicht nur die Entscheidungen für oder gegen eine Therapie in Extremsituationen (z.B. Operation bei komplexem Herzfehler mit ungewisser Prognose), sondern auch ein banaler Schnupfen oder Brechdurchfall kann das Familiensystem ans Limit bringen.

Ich könnte mir vorstellen, dass eine Kinderärztin neben den Vorsorgeuntersuchungen, dem Impfen und der Patientenbetreuung in akuten Fällen manchmal auch als Erziehungsberaterin amten muss. Können Sie diese Annahme bestätigen?
Erziehungsberaterin finde ich ein wenig zu hoch gegriffen. Wir stehen Kindern und ihren Eltern auch in schwierigen Lebensphasen unterstützend und beratend zur Seite. Wichtig erscheint mir dabei, die Ressourcen der Familien zu erkennen und auf den Tisch zu legen. Meist bringt dadurch eine Familie eigene Lösungsszenarien zu Tage, die dann im Alltag auch greifen.

Apropos Impfen: Mir scheint, dass immer mehr Eltern zu den Impfskeptikern gehören. Ist das Realität? Was raten Sie den Eltern?
Dazu möchte ich lediglich Folgendes sagen: Als Schulmedizinerin habe ich auf zwei grossen Kinderintensivstationen der Schweiz gearbeitet und dabei Kinder mit schweren Krankheiten behandelt, die durch Impfungen vermeidbar gewesen wären. Darum gehöre ich zu den Impfbefürwortern. Ich rate den Eltern, ihre Kinder entsprechend dem schweizerischen Impfplan zu impfen.
Viele junge Frauen möchten sich sowohl im Beruf als auch in der Familie verwirklichen. Kann man sich als Ärztin eine vorübergehende Auszeit oder ein Kleinstpensum im Beruf erlauben, ohne dabei den Anschluss zu verpassen?
Das kann Frau auf jeden Fall. Es gibt zunehmend mehr Möglichkeiten zur Teilzeitbeschäftigung. Da ich immer öfter auch von Männern höre, die keine 100%-Anstellung möchten, bin ich zuversichtlich, dass die Zeit in dieser Hinsicht für die Frauen und Familien arbeitet. Die Väter der Gegenwart legen immer mehr Wert darauf, ihre eigenen Kinder und nicht erst ihre Grosskinder aufwachsen zu sehen.
Falls eine Teilzeitbeschäftigung im Spital nicht möglich ist, bietet die Praxistätigkeit eine attraktive und gute Alternative.
Wie denken Sie über alternative Heilmethoden z.B. Homöopathie?
Zur konklusiven Beurteilung von alternativen Heilmethoden fehlt mir ein fundierter Hintergrund, da ich keine entsprechende Ausbildung besitze. Mich beeindruckt der immer sehr individuelle und zeitintensive Zugang, der bei diesen Methoden gewählt wird. Faszinierend ist für mich auch der Ansatz, die Zusammenhänge zwischen Körper und Psyche zu verstehen. Diese sind meines Erachtens ganz wichtig und kommen in der Schulmedizin im Allgemeinen viel zu kurz. Eine bessere, durch gegenseitigen Respekt gekennzeichnete Zusammenarbeit von Schul- und Alternativmedizinern wäre äusserst wünschenswert und würde auch die Möglichkeit bieten, den Scharlatanen das Handwerk zu legen.
Herzlichen Dank für das Interview und weiterhin alles Gute im Beruf. Nelly Bossard-Schmid

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